Zusammenfassung
Die Unfallverhütungsvorschrift „Jagd“ (VSG 4.4) ist ein Leitfaden für die sichere Ausübung der Jagd. Sie wurde durch die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG) erlassen.
Grundlagen
Allgemeines
- Leitfaden für einen sicheren Umgang mit Waffen und Munition sowie für die Jagdausübung (§ 1 VSG 4.4)
- Synonyme: VSG 4.4, Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz
- Erlassen durch die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft (LBG)
- Verpflichtung der LBG im Sozialgesetzbuch zur Vorbeugung von Gefahren für die Gesundheit bei der Jagd
§ 2 Waffen und Munition
(1) Es dürfen nur Schusswaffen verwendet werden, die den Bestimmungen des Waffengesetzes entsprechen und nach dem Bundesjagdgesetz für jagdliche Zwecke zugelassen sind. Die Waffen müssen funktionssicher sein und dürfen nur bestimmungsgemäß verwendet werden.
Durchführungsanweisung
- Eine Waffe ist z. B. funktionssicher, wenn sie zuverlässig gesichert werden kann, ihr Verschluss dicht ist und wenn sie keine Laufaufbauchungen, Laufdellen oder die Funktionssicherheit beeinträchtigende Rostnarben aufweist.
- Keine bestimmungsgemäße Verwendung ist z. B. die Benutzung der Waffe zum
- Niederhalten von Zäunen beim Übersteigen,
- Aufstoßen von Hochsitzluken,
- Erschlagen des Wildes.
- Auf die einschlägigen Bestimmungen
- des Waffengesetzes (WaffG),
- der Verordnungen zum Waffengesetz (WaffV),
- der Verwaltungsvorschrift zum Waffengesetz (WaffVwV),
- des Bundesjagdgesetzes (BJG) wird hingewiesen.
(2) Es darf nur die für die jeweilige Schusswaffe bestimmte Munition in einwandfreiem Zustand verwendet werden.
Durchführungsanweisung
- Hinweise auf die verwendbare Munition geben z. B. die Angaben auf der Schusswaffe.
- In nicht einwandfreiem Zustand ist z. B. feucht gewordene Munition, selbst wenn sie getrocknet wurde.
(3) Auch nicht gewerbsmäßig hergestellte Munition muss den gesetzlichen Bestimmungen entsprechen.
Durchführungsanweisung
- Hierzu gehört z. B. wieder geladene Munition.
- Auf die einschlägigen Bestimmungen des Waffengesetzes und des Sprengstoffgesetzes wird hingewiesen.
(4) Flintenlaufgeschosspatronen müssen so mitgeführt werden, dass Verwechslungen mit Schrotpatronen ausgeschlossen sind.
§ 3 Ausübung der Jagd
(1) Schusswaffen dürfen nur während der tatsächlichen Jagdausübung geladen sein. Die Laufmündung ist stets - unabhängig vom Ladezustand - in eine Richtung zu halten, in der niemand gefährdet wird. Nach dem Laden ist die Waffe zu sichern.
(2) Eine gestochene Waffe ist sofort zu sichern und zu entstechen, falls der Schuss nicht abgegeben wurde.
(3) Beim Besteigen von Fahrzeugen und während der Fahrt muss die Schusswaffe entladen sein. Beim Besteigen oder Verlassen eines Hochsitzes, beim Überwinden von Hindernissen oder in ähnlichen Gefahrlagen müssen die Läufe (Patronenlager) entladen sein.
(4) Ein Schuss darf erst abgegeben werden, wenn sich der Schütze vergewissert hat, dass niemand gefährdet wird.
Durchführungsanweisung
Eine Gefährdung ist z. B. dann gegeben, wenn
- Personen durch Geschosse oder Geschossteile verletzt werden können, die an Steinen, gefrorenem Boden, Ästen, Wasserflächen oder am Wildkörper abprallen oder beim Durchschlagen des Wildkörpers abgelenkt werden,
- beim Schießen mit Einzelgeschossen kein ausreichender Kugelfang vorhanden ist.
(5) Von Wasserfahrzeugen aus darf im Stehen nur geschossen werden, wenn das Fahrzeug gegen Umschlagen und der Schütze gegen Stürzen gesichert sind.
(6) Bei einer mit besonderen Gefahren verbundenen Jagdausübung ist ein Begleiter zur Hilfeleistung mitzunehmen.
Durchführungsanweisung
Besondere Gefahren können sich ergeben z. B. durch Witterungs-, Gelände- und Bodenverhältnisse, vor allem im Hochgebirge, auf Gewässern und in Mooren oder bei der Nachsuche auf wehrhaftes Wild.
(7) Fangeisen dürfen nur mit einer entsprechenden Vorrichtung gespannt und nur mit einem geeigneten Gegenstand ge- bzw. entsichert werden.
(8) Fangeisen dürfen fängisch nur so aufgestellt werden, dass keine Personen gefährdet werden.
Durchführungsanweisung
Eine Gefährdung kann z. B. vermieden werden, wenn Fangeisen in verblendeten Fangbunkern, Fallenkästen oder Fangburgen aufgestellt werden.
§ 4 Bestimmungen für Gesellschaftsjagden
(1) Bei Gesellschaftsjagden muss der Unternehmer einen Jagdleiter bestimmen, wenn er nicht selbst diese Aufgabe wahrnimmt. Die Anordnungen des Jagdleiters sind zu befolgen.
Durchführungsanweisung
Zur Gesellschaftsjagd gehören z. B. Treibjagden und Drückjagden.
(2) Der Jagdleiter hat den Schützen und Treibern die erforderlichen Anordnungen für den gefahrlosen Ablauf der Jagd zu geben. Er hat insbesondere die Schützen und Treiber vor Beginn der Jagd zu belehren und ihnen die Signale bekanntzugeben.
Durchführungsanweisung
Zur Belehrung gehört insbesondere der Hinweis auf die Vorschriften in Absatz 3 sowie in den Absätzen 6 bis 11.
(3) Sofern der Jagdleiter nichts anderes anordnet, ist die Waffe erst auf dem Stand zu laden und nach Beendigung des Treibens sofort zu entladen.
(4) Der Jagdleiter hat Personen, die infolge mangelnder geistiger und körperlicher Eignung besonders unfallgefährdet sind, die Teilnahme an der Jagd zu untersagen.
(5) Der Jagdleiter kann für einzelne Aufgaben Beauftragte einsetzen.
Durchführungsanweisung
Zu den Aufgaben des Beauftragten können z. B. das Einweisen der Schützen in die Schützenstände und das Führen der Treiberwehr gehören.
(6) Bei Standtreiben haben der Jagdleiter oder die von ihm zum Anstellen bestimmten Beauftragten den Schützen ihre jeweiligen Stände anzuweisen und den jeweils einzuhaltenden Schussbereich genau zu bezeichnen. Nach Einnehmen der Stände haben sich die Schützen mit den jeweiligen Nachbarn zu verständigen; bei fehlender Sichtverbindung hat der Jagdleiter diese Verständigung sicherzustellen. Sofern der Jagdleiter nichts anderes bestimmt, darf der Stand vor Beendigung des Treibens weder verändert noch verlassen werden. Verändert oder verlässt ein Schütze mit Zustimmung des Jagdleiters seinen Stand, so hat er sich vorher mit seinen Nachbarn zu verständigen.
(7) Wenn sich Personen in gefahrbringender Nähe befinden, darf in diese Richtung weder angeschlagen noch geschossen werden. Ein Durchziehen mit der Schusswaffe durch die Schützen- oder Treiberlinie ist unzulässig.
(8) Mit Büchsen- oder Flintenlaufgeschossen darf nicht in das Treiben hineingeschossen werden. Ausnahmen kann der Jagdleiter nur unter besonderen Verhältnissen zulassen, sofern hierdurch eine Gefährdung ausgeschlossen ist.
Durchführungsanweisung
Besondere Verhältnisse können z. B. gegeben sein durch die Geländeform oder bei Ansitzdrückjagden.
(9) Bei Kesseltreiben bestimmt der Jagdleiter, ab wann nicht mehr in den Kessel geschossen werden darf; spätestens darf jedoch nach dem Signal "Treiber rein" nicht mehr in den Kessel geschossen werden.
(10) Die Waffe ist außerhalb des Treibens stets ungeladen, mit geöffnetem Verschluss und mit der Mündung nach oben oder abgeknickt, zu tragen. Bei besonderen Witterungsverhältnissen kann der Jagdleiter zulassen, dass Waffen geschlossen und mit der Mündung nach unten getragen werden, wenn sie entladen sind.
(11) Durchgeh- oder Treiberschützen dürfen während des Treibens nur entladene Schusswaffen mitführen. Dies gilt nicht für Feldstreifen und Kesseltreiben.
Durchführungsanweisung
- Als Feldstreifen kann nach Entscheidung des Jagdleiters auch eine Streife mit flankierenden und vorgestellten Schützen in sonstigem übersichtlichen Gelände gelten.
- Das Mitführen der Schusswaffe mit entladenen Läufen (Patronenlager) ist ausnahmsweise für den Durchgeh- und Treiberschützen zulässig - für den Eigenschutz, - für den Fangschuss, - für den Schuss auf vom Hund gestelltes Wild.
(12) Bei Gesellschaftsjagden müssen sich alle an der Jagd unmittelbar Beteiligten deutlich farblich von der Umgebung abheben.
Durchführungsanweisung
Als deutlich farbliche Abhebung eignen sich bei Treibern, Treiber- und Durchgehschützen z. B. gelbe Regenbekleidung oder Brustumhänge in orangeroter Signalfarbe, bei Schützen z. B. ein orangerotes Signalband am Hut.
(13) Bei schlechten Sichtverhältnissen hat der Jagdleiter die Jagd einzustellen.
Durchführungsanweisung
Schlechte Sichtverhältnisse liegen z. B. vor bei dichtem Nebel, einsetzender Dunkelheit oder Schneetreiben.
§ 5 Nachsuche
(1) Der Hundeführer wird durch den Unternehmer oder seinen Beauftragten als Jagdleiter bestimmt; er hat damit Weisungsrecht bei der Nachsuche, falls weitere Personen beteiligt sind.
(2) Der Hundeführer muss die notwendige persönliche Schutzausrüstung benutzen.
Durchführungsanweisung
Hierzu kann z. B. das Tragen von Schutzbrille und Schutzhandschuhen gehören.
(3) Der Lauf der Waffe ist vor eindringenden Fremdkörpern zu schützen.
Durchführungsanweisung
Hierzu eignen sich z. B. Klebestreifen aus durchschießbarem Material.
(4) Kinder und Jugendliche dürfen nicht an der Nachsuche teilnehmen.
(5) Der Unternehmer hat bei der Nachsuche für die Bereitstellung von Erste- Hilfe-Material zu sorgen.
Durchführungsanweisung
Auf die Unfallverhütungsvorschrift "Erste Hilfe" (VSG 1.3) wird verwiesen.
(6) Es gelten im Übrigen die Vorschriften von § 4 Absätze 2, 3, 5, 6, 7, 10 und 12 entsprechend.
§ 6 Übungsschießen
(1) Das Übungsschießen ist nur auf behördlich zugelassenen Schießständen erlaubt.
Durchführungsanweisung
- Die behördliche Zulassung kann auf Grundlage des Bundesimmissionsschutzgesetzes oder des Waffengesetzes erfolgen.
- Auf die Schießstandordnung und die Schießvorschrift des Deutschen Jagdschutz-Verbandes e. V. wird hingewiesen.
(2) Beim Schießen ist geeigneter Gehörschutz zu tragen.
Durchführungsanweisung
Als geeigneter Gehörschutz sind z. B. Gehörschutzkapseln anzusehen. Auf die Unfallverhütungsvorschrift "Allgemeine Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz " (VSG 1.1) wird verwiesen.
§ 7 Hochsitze
(1) Der Unternehmer muss sicherstellen, dass
1. Hochsitze, ihre Zugänge sowie Stege fachgerecht errichtet und mit Einrichtungen gegen das Abstürzen von Personen gesichert sind,
2. bei ortsveränderlichen Hochsitzen die Standsicherheit gewährleistet ist,
3. Hochsitze vor jeder Benutzung, mindestens jedoch einmal jährlich, geprüft werden,
4. nicht mehr benötigte Einrichtungen abgebaut werden.
Durchführungsanweisung Ziffer 1
- Als Absturzsicherung bei Ansitzleitern wird die Waffenauflage angesehen.
- Auf die Unfallverhütungsvorschrift "Allgemeine Vorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz" (VSG 1.1) und die Unfallverhütungsvorschrift "Arbeitsstätten, bauliche Anlagen und Einrichtungen" (VSG 2.1) wird verwiesen.
- Als fachgerecht hergestellt gelten Jagdeinrichtungen, wenn z. B. die Hinweise in der Broschüre "Sichere Hochsitzkonstruktion" beachtet sind.
Durchführungsanweisung Ziffer 2
Auf die Unfallverhütungsvorschrift "Technische Arbeitsmittel" (VSG 3.1) wird verwiesen.
(2) Aufgenagelte Sprossen sind nur an geneigt stehenden Leitern zulässig. Sie sind mit den Leiterholmen fest zu verbinden und auf diesen nach unten hin abzustützen.