Notwehr
Allgemeines
- Rechtliche Grundlage: Strafgesetzbuch (StGB), Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
- Rechtfertigungsgründe (nach StGB): Notwehr, Nothilfe, Notstand
Notwehr (StGB § 32)
„Notwehr ist die Verteidigung, die erforderlich ist, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.“
- Erforderliche Verteidigung gegenüber Angreifer
- Verhältnismäßigkeit der Mittel
- Bis zum Schusswaffeneinsatz als letztes Mittel
- Vorwarnung nach Möglichkeiten
- Das Ausweichen des Angriffs ist vorzuziehen
- Vor einem Angriff
- Gegenwärtig (unmittelbar bevorstehend oder andauernd)
- Rechtswidrig
- Gegenüber einer Person
- Notwehr ist nicht rechtswidrig.
Einschränkungen
- Angriffe durch Polizeibeamte sind nicht rechtswidrig. Deshalb darf die Notwehr auf diese nicht bezogen werden.
- Angriff von Kindern, psychisch Kranken und Betrunkenen dürfen erst bei gesundheitlicher Gefährdung unterbunden werden.
Nothilfe
- Unterform der Notwehr
- Der „Helfende“
/Handelnde ist nicht der Angegriffene (sondern eine andere Person).
Putativnotwehr
- Täter geht von einer vermeintlichen Notwehrsituation gegen ihn aus
- Beispiel: Ein Jäger denkt, eine andere Person würde mit einem Gewehr auf ihn zielen. Als „Notwehr“ schießt er auf den vermeintlichen Angreifer und verletzt ihn dabei. In Wahrheit hat die andere Person gar nicht mit dem Gewehr auf den Jäger gezielt
Notwehrexzess
- Notwehrexzess besteht, wenn die Verhältnismäßigkeit der Mittel bei der Notwehr nicht gegeben ist.
- Wenn der Notwehrexzess aus Verwirrung, Furcht oder Schrecken erfolgt, so wird er nicht bestraft.
Notstand
Der Notstand ist in vielen Nuancen in unterschiedlichen Gesetzestexten beschrieben. Hier wird nur auf das Strafgesetzbuch (StGB § 34) eingegangen.
Rechtfertigender Notstand
- Abstraktere Gefahr als bei der Notwehr (z. B. Naturkatastrophen, Massenpanik, angreifendes wildes Tier)
- Nicht unbedingt gegen einen direkten Angreifer
- Voraussetzungen
- Gefahr für ein Rechtsgut (z. B. Leben, Freiheit ...)
- Gegenwärtigkeit
- Angemessene Mittel
- Höhere Stellung des gefährdeten Rechtsguts
- Handlungen im Notstand sind nicht strafbar.
- Überspitztes Beispiel: Kurzschließen und „ausleihen“ eines Autos, um einen lebensgefährlich verletzten ins Krankenhaus zu bringen.
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt. Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.
Entschuldigter Notstand (§ 35 StGB)
- Rechtswidrige Tat, um einer Gefahr zu entkommen oder jemanden vor dieser zu befreien.
- Zweck: Abwendung einer Gefahr für Leben, Leib oder Freiheit
- Person: Täter oder nahestehende Person
- Bedingung: Keine andere Möglichkeit zur Gefahrenabwehr
- Ergebnis: Tat bleibt rechtswidrig, Täter wird entschuldigt.
- Beispiel: Unbefugte Fahrzeugnutzung zur Notfallrettung, wenn keine Alternativen vorhanden sind.